Wollen wir unsere Klimaziele erreichen, kommen wir um eine Mobilitätswende nicht herum. Das denkt auch die Regierung. So hat der EU-Umweltminister das Ziel formuliert, dass ab 2035 ausschließlich Autos ohne CO2-Emissionen zugelassen werden sollen. Schon jetzt fahren immer mehr Autos mit Elektroantrieb über unsere Straßen. In der Regel werden für die Akkus dieser Autos Lithium-Ionen als Stromspeicher verwendet. Doch ist diese Technik wirklich die Mobilität der Zukunft?

Immer wieder wird die Brennstoffzelle als alternative Energiequelle für Autos diskutiert. Aber wie funktioniert das Wasserstoff-Auto mit Brennstoffzelle eigentlich? Und wie nachhaltig ist Wasserstoff wirklich? Wir klären auf!

Der Aufbau einer Brennstoffzelle ähnelt dem einer E-Auto-Batterie. Die Zelle besteht aus zwei Elektroden, der Anode (+) und der Kathode (-). Beide Elektroden werden durch einen Elektrolyten voneinander getrennt, der die Ionen zwischen Anode und Kathode transportiert. Der Unterschied zur E-Auto-Batterie ist das Material, aus dem der Elektrolyt besteht.

 

Wir differenzieren hier zwischen zwei Brennstoffarten:

  1. PEMFC-Brennstoffzelle (Proton Exchange Membrane Fuel Cell): Der Elektrolyt besteht aus einer dünnen Kunststoffhaut (Polymer-Membran).
  2. SOFC-Brennstoffzelle (Solid Oxide Fuel Cell): Der Elektrolyt besteht aus der Hightech-Keramik Zirkondioxid, welche auch bei extremer Hitze korrosionsbeständig ist.
     

Die Funktionsweise von Brennstoffzellen basiert auf dem Zusammenspiel von Sauerstoff und Wasserstoff. In der Brennstoffzelle befindet sich Brennstoff, ein gasförmiger Wasserstoff. Dieser reagiert mit Sauerstoff, einem Oxidationsmittel. Das Ergebnis: Es entstehen Wasser, Strom und Wärme. Ein wesentlicher Unterschied zu Verbrenner-Motoren ist, dass eine sogenannte „kalte Verbrennung“ an Stelle der normalen Verbrennung durch Hitze stattfindet. Vielmehr entstehen in der Brennstoffzelle elektrische Energie und Wärmeenergie. Diese Energie wird dann direkt umgewandelt. So können Brennstoffzellen den Energiegehalt des Brennstoffes zu beinahe 100 % nutzen.

Es gibt zahlreiche Vorteile von wasserstoffbetriebenen Autos. Fahrzeuge die mit Brennstoffzelle angetrieben werden, punkten sowohl in Sachen Lebensdauer, also auch bei Reichweite und Sicherheit. Allerdings gibt es auch einige Hürden, die es von Wissenschaft und Industrie noch zu überwinden gilt – nicht zuletzt der Mangel an entsprechenden Tankstellen. Im Folgenden schauen wir uns genauer an, wie Brennstoffzellen in einzelnen Bereichen abschneiden.

 

Reichweite und Verbrauch von Wasserstoff-Autos

Eine Tankfüllung reicht bei wasserstoffbetriebenen Autos für ca. 600 km, und zwar unabhängig vom Modell. Damit sind die Autos zurzeit in etwa gleichauf mit anderen E-Fahrzeugen oder Verbrennern. Allerdings geht das Tanken zügig vonstatten: In weniger als 5 Minuten ist der Tank eines Wasserstoff-Autos voll – das Laden eines E-Autos dauert in der Regel deutlich länger. Die Krux ist allerdings, dass es noch an einem flächendeckenden Netz von Wasserstoff-Tankstellen mangelt und zuerst eine geeignete Tankstelle gefunden werden muss.

 

Lebensdauer eines Wasserstoff-Autos

Brennstoffzellen, wie sie aktuell verwendet werden, haben eine Lebensdauer von ca. 450.000 Kilometern. Der Vorteil ist nämlich, dass sie widerstandsfähig gegen Kälte sind. Deshalb kommen sie auf eine deutlich höhere Lebensdauer als E-Autos mit ca. 160.000 Kilometern. Vorreiter ist in diesem Fall Toyota: Der Hersteller garantiert eine Lebensdauer von mindestens 100.000 und kümmert sich auch danach um die richtige Entsorgung oder Zweitnutzung.

 

Sicherheit von Wasserstoff-Autos

Es kommt immer wieder die Frage auf, ob das Fahren mit einem Wasserstoff-Auto gefährlich sei. Grund dafür ist vermutlich die Tatsache, dass Wasserstoff eine erhöhte Zündfähigkeit aufweist. Darum bedarf ein wasserstoffbetriebenes Fahrzeug auch einer besonderen Prüfung bzgl. Druck und Dichtigkeit. Auch die Berst- und Feuersicherheit muss gegeben sein.

Doch tatsächlich ist ein Auto mit Brennstoffzelle sogar weniger gefährlich als ein Verbrenner oder Diesel. Der Grund: Wasserstoff und Sauerstoff sind in Kombination zwar explosiv, allerdings ist das nötige Verhältnis, das zu einer Explosion führen könnte, kaum zu erreichen. Die Brandgefahr bei einem Unfall ist für einen Verbrennungsmotor sogar höher. Das macht das Wasserstoff-Auto zu einem sicheren Fahrzeug.

 

Die wichtigsten Vor- und Nachteile von Wasserstoff-Autos auf einen Blick:

Vorteile

Nachteile

Kurze Tankzeit

Fehlende Tankstellen in Deutschland und Europa

Hohe Reichweite

Wasserstoffherstellung selten klimaneutral

Sicher bei Unfällen

Technik noch nicht ausgereift

Emissionsfrei bei Nutzung

Modelle auf dem Markt sind noch teuer und selten

Der Wirkungsgrad einer Sache gibt an, wie effizient die technischen Anlagen funktionieren. Im Fall der Brennstoffzellen ist der Wirkungsgrad das theoretische Verhältnis zwischen der nutzbaren elektrischen Energie und der freiwerdenden Gesamtenergie. Wir haben bereits erwähnt, dass es zwei verschiedene Arten von Brennstoffzellen gibt. Auch der Wirkungsgrad ist bei beiden Technologien unterschiedlich.

Die PEMFC-Brennstoffzelle wird am häufigsten verwendet und weist einen Wirkungsgrad von 32 bis 37 % auf. SOFC-Brennstoffzellen haben einen Wirkungsgrad von 33 bis 60 %. Aber woran liegt das? Ca. 45 % der Gesamtenergie gehen bei der Wasserstoffgewinnung verloren. Auch die Umwandlung des Wasserstoffs in Strom kostet nochmal Energie. Batteriebetriebene E-Autos hingegen erreichen einen Wirkungsgrad von 70 bis 80 %. Auch der Wirkungsgrad ist also eine Hürde, die von Industrie und Wissenschaft noch überwunden werden muss. 

Die gute Nachricht: Wasserstoffbetriebene Fahrzeuge stoßen bis auf Wasserdampf keine Emissionen aus. Damit handelt es sich um eine ausgesprochen klimafreundliche Antriebsvariante. Doch dieser Faktor allein sagt nicht aus, wie nachhaltig Wasserstoff wirklich ist, denn auch seine Herstellung hat Einfluss auf die Nachhaltigkeitsbilanz. Nicht in jedem Szenario ist diese nämlich klimafreundlich. Die Unterschiede in der Ökobilanz werden in grauen, grünen, blauen und türkisen Wasserstoff eingeteilt:

 

Grauer Wasserstoff

Ein Großteil des Wasserstoffs wird aktuell durch Dampfreformierung aus Erdgas gewonnen. Bei der Dampfreformierung reagiert Erdgas mit Wasserdampf, wodurch Wasserstoff und CO2 entstehen. Der daraus resultierende graue Wasserstoff gilt demnach nicht als besonders klimafreundlich, denn CO2 verstärkt den Treibhauseffekt.

 

Grüner Wasserstoff

Alternativ ist es auch möglich, Wasserstoff durch die Elektrolyse von Wasser herzustellen. Hierbei wird Wasser durch Elektrizität in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten – auf Basis erneuerbarer Energien. Grüner Wasserstoff wird also CO2-neutral und nachhaltig erzeugt.

 

Blauer Wasserstoff

Blauer Stoff wird genauso wie grauer Wasserstoff hergestellt, allerdings wird das entstehende CO2 durch CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) gespeichert. Somit geht es nicht in die Atmosphäre und die Methode gilt als CO2-neutral.

 

Türkiser Wasserstoff

Wasserstoff, der durch die thermische Spaltung von Methan hergestellt wird, nennt man türkisen Wasserstoff. Anstatt CO2 wird hierbei fester Kohlenstoff produziert. Will man bei dieser Methode CO2-neutral bleiben, muss auch hier erneuerbare Energie eingesetzt und der Kohlenstoff dauerhaft gebunden werden.

Egal, welchen Herstellungsprozess von Wasserstoff man verfolgt: Für eine nachhaltige Produktion und einen Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emisionen muss beim Prozess auf nachhaltige Energien zurückgegriffen werden.

Die ersten brennstoffbetriebenen Serienfahrzeuge sind der SUV Hyundai Nexo sowie die Limousine Toyota Mirai. Bis vor kurzem hatte auch Mercedes mit seinem GLC F-Cell ein Wasserstoff-Auto im Angebot, dieses aber wieder vom Markt genommen.

Doch die Zukunft wird vermutlich noch mehr Modelle auf den Markt bringen, denn auch weitere Hersteller sind am Thema Brennstoffzelle interessiert. Im Stellantis-Konzern hat z. B. Opel einen Transporter mit Brennstoffzelle entwickelt, den Opel Vivaro-e Hydrogen. Diese Ausführung soll zukünftig auch als Citroen Jumpy bzw. als Peugeot Expert verkauft werden.

Der Hersteller Hyundai hat bereits 2020 seinen ersten LKW mit Brennstoffzelle auf den Markt gebracht – den allerersten Wasserstoff-LKW für den Schwerlastverkehr mit einer Reichweite von rund 400 Kilometern.

Das Wasserstoff-Auto klingt in der Theorie also nach einem idealen Weg, die Verkehrswende weiter voranzutreiben und unsere Klimaziele zu erreichen. Doch damit dies auch in der Praxis umsetzbar ist, darf es vor allem an einem nicht fehlen: Tankstellen. In ganz Deutschland gibt es zurzeit ca. 100 Wasserstoff-Tankstellen, die öffentlich zugänglich sind. Damit sind wir weit von einem flächendeckenden Netz entfernt und liegen hinter der Zahl an herkömmlichen Tankstellen und E-Ladestationen weit zurück.

Ein Grund, der den Ausbau so schwierig macht, ist die Tatsache, dass Wasserstoff nicht durch Pipelines zu Tankstellen transportiert werden kann. Stattdessen muss er in besonderen Lkw-Tanks geliefert werden, was nicht nur aufwendig, sondern auch kostspielig und mit CO2-Emissionen verbunden ist.

Der Wasserstoff-Tankstellen-Betreiber H2 Mobility verkündet, dass bis zum Ende des Jahres 2022 über 100 Tankstellen in Deutschland für brennstoffbetriebene Fahrzeuge existieren sollen. Im europäischen Vergleich schneidet Deutschland allerdings gut ab: Die Niederlande können z. B. lediglich 7 Wasserstoff-Tankstellen aufweisen, Frankreich liefert 19.

Für die Zukunft werden brennstoffbetriebene Autos durchaus eine Rolle spielen. Im Juni 2020 hat die Bundesregierung eine Nationale Wasserstoffstrategie beschlossen, deren Ziel es ist, den allgemeinen CO2-Ausstoß durch Verkehr, Industrie und Energie zu senken. Das Innovationsprogramm soll im Zuge dessen das Vorhaben unterstützen, Wasserstoff für den Verkehr nutzbar zu machen.

Ein ausschlaggebender Faktor ist dabei die Herstellung des Wasserstoffs, denn in den großen Mengen, die benötigt werden, kann er in Deutschland nicht produziert werden. Dafür fehlt es an erneuerbaren Energien, mit denen wir den Strom dafür erzeugen können. Die Lösung dafür soll sein, Wasserstoff aus Süd- und Westafrika sowie aus Australien zu importieren. Die Wetterbedingungen sind dort nämlich viel besser als hierzulande, um die Produktion aus Solar- und Windenergie zu generieren.

Bislang sind Wasserstoff-Autos also noch ein Nischenprodukt, das in der Theorie vielversprechend klingt, in der Praxis aber noch keine wirkliche Alternative zum E-Auto darstellt. Dafür ist die Herstellung von Wasserstoff und auch die Produktion von Fahrzeugen, die diesen effizient nutzen können, zu teuer. Auch der Wirkungsgrad ist verglichen mit Elektrofahrzeugen niedrig. Allerdings gibt es erste Beispiele, die belegen, dass Wasserstoffantriebe im Schwerlastverkehr, wie z. B. bei Lkw oder Schiffen, effizienter und realistischer sind.